Nicht nur die bösartigen Figuren und abscheulichen Handlungen im Horrorfilm sind wichtig, sondern auch die Klänge auf der Tonspur und somit das Sounddesign, welches massgeblich zum Filmerlebnis beiträgt. Alle, die schon einmal einen Horrorfilm gesehen haben, wissen, wie viel erträglicher ein solcher Film werden kann, wenn der Ton erst einmal ausgeschalten wird. Der richtige Horror Sound ist beim Hororrfilm deshalb die tragende Stütze, die den Zuschauern und Zuschauerinnen Angst einjagen kann. Durch spezielle Tehchniken und bestimmte Faktoren, die in diesem Beitrag genauer erklärt werden, kann jeder und jede ein eigenes, wirksames Horror-Sounddesign erstellen!
Definition Horror und Horrorfilm
Beschäftigt man sich mit dem Genre des Horrorfilms ist es naheliegend, den Begriff „Horror“ zu definieren. Das Wort ist griechischen Ursprungs und stammt vom Wort “phrike”, was so viel wie Zittern oder Schaudern bedeutet. Der Begriff Horror wird aber auch als eine spontane Reaktion auf schockierende, visuelle Stimuli bezeichnet, oder als eine Mischung aus Terror und Abscheu.
Der Horrorfilm ist ein Genre der Unterhaltung, das darauf abzielt, beim Publikum Gefühle von Angst, Unbehagen und Schrecken hervorzurufen. Es konzentriert sich auf die Erzeugung von intensiven Emotionen durch die Darstellung von bedrohlichen oder übernatürlichen Ereignissen, Gewalt, Grauen und unheimlichen Elementen. Im Horror werden oft Themen wie das Übernatürliche, Monster, Geister, psychologische Ängste, Tod und das Unbekannte erkundet. Durch die Inszenierung von Schockmomenten und Spannungsbögen zielt das Genre darauf ab, das Publikum zu fesseln und seine tiefsten Ängste und Fantasien anzusprechen. Horrorfilme, Bücher und andere Medien dienen oft als Ventil für die menschliche Faszination und Furcht vor dem Dunklen und Unbekannten.
"Während das Auge sucht und Beute macht, lauscht das Ohr auf das, was uns erbeutet. Das Ohr ist das Organ der Angst."
Funktion Horror-Sounddesign
Das Sounddesign spielt eine entscheidende Rolle in Horrorfilmen und ist ein essentieller Bestandteil der Gesamtatmosphäre und des Gruselfaktors. Es trägt massgeblich dazu bei, die Emotionen des Publikums zu beeinflussen, Spannung aufzubauen und die Intensität der Schockmomente zu verstärken. Hier sind einige wichtige Aspekte, die die Funktion des Sounddesigns in Horrorfilmen verdeutlichen:

Spannung und Atmosphäre
Durch geschickt platzierte Soundeffekte, wie beispielsweise unheimliche Geräusche, knarrende Türen, leises Flüstern oder dumpfe Schritte, kann das Sounddesign eine unheimliche und gespannte Atmosphäre erzeugen. Es lässt den Zuschauenden auf unvorhersehbare Ereignisse warten und verstärkt so das Gefühl der Unsicherheit.

Schockmomente hervorheben
Ein gut gestaltetes Sounddesign kann Schockmomente verstärken und unvergesslich machen. Durch den gezielten Einsatz von lauten und plötzlichen Geräuschen, wie zum Beispiel einem markerschütternden Schrei oder einem schrillen Violinensound, kann das Sounddesign den Zuschauenden erschrecken und in die Handlung hineinziehen.

Narration unterstützen
Das Sounddesign kann die Erzählung eines Horrorfilms unterstützen, indem es wichtige Hinweise oder emotionale Signale liefert. Zum Beispiel kann ein subtiler Herzschlag im Hintergrund die Angst und Anspannung des Protagonisten vermitteln oder eine langsam anschwellende Musik die Vorahnung eines nahenden Grauens vermitteln.
Ebenen im Horror Sounddesign
Im Horrorfilm Sounddesign gibt es verschiedene Ebenen, die zusammenarbeiten, um eine intensive und erschreckende Erfahrung für das Publikum zu schaffen. Es erfordert ein taktisches Zusammenspiel all dieser Ebenen, um eine Atmosphäre der Angst und des Schreckens zu erzeugen. Durch die bewusste Gestaltung von Dialogen, Soundeffekten, Musik und Atmosphäre können Sounddesigner das Publikum auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen und intensive Reaktionen hervorrufen. In diesem Beispiel werden all diese Punkte berücksichtigt, um die Narration der Geschichte zu unterstützen und die gewünschte Stimmung zu erzeugen.
Erfahre in den folgenden Abschnitten, wie du Schritt für Schritt dein Horror-Sounddesign aufbauen und umsetzen kannst!
1. Die Atmosphäre - Grundstimmung eines Films
Beim Horror-Sounddesign, wie auch bei anderen Sounddesign-Arbeiten, sollte man mit einer Analyse der Filmszenen beginnen. Dabei kann man Schlüsselmomente identifizieren, in denen das Sounddesign eine besondere Wirkung erzielen soll. Man sollte auch auf Schockmomente, unheimliche Szenen und emotionale Höhepunkte achten, um das Sounddesign gezielt darauf abzustimmen. Die Atmosphäre bildet die Grundlage eines jeden Horrorfilms und sollte durch die vorherige Analyse die richtige Stimmung übermitteln. Die Klangkulisse einer Horrorfilm-Atmosphäre ist geprägt von unheimlichen Schattenspielen und bedrohlichen Geräuschen. Das leise Flüstern des Windes wird von unheimlichem Gelächter begleitet, während dumpfe Schritte langsam näherkommen und krächzende Raben ihr Unheil verkünden. Jeder Ton lässt das Herz schneller schlagen und erzeugt eine gespenstische Grundstimmung für den Film. Mit folgenden Elemente kann eine düstere, unbehagliche und bedrohliche Stimmung erzeugt werden:
Das sind typische Klänge für eine Horror-Atmosphäre:
- Tiefes Dröhnen
- Leises Brummen
- Heulender Wind
- Regen / Gewitter
- Flüstern
- Schritte
- Raschelnde Blätter
- Dissonante Akkorde
- Knarrende Türen
- Quietschende Tore
- Krächzende Raben
Wenn du diese Punkte berücksichtigst und die verschiedenen Elemente zusammenfügst, könnte deine Horror-Atmosphäre zum Beispiel so klingen:
2. Geräusche & Soundeffekte - Für die Immersion
Im Horrorfilm spielen Geräusche und Soundeffekte eine zentrale Rolle, um eine intensive und beängstigende Atmosphäre zu schaffen und die Immersion in den Film zu erleichtern. Jedes Knarren, jedes Flüstern und jedes unheimliche Geräusch ist darauf ausgerichtet, die Zuschauenden in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Soundeffekte dienen dazu, die Spannung aufzubauen, Schockmomente zu verstärken und die emotionale Wirkung des Films zu untermalen. Sie sind das akustische Werkzeug, das das Publikum in die düstere und furchterregende Welt des Horrorfilms eintauchen lässt. Jeder Ton zählt und lässt einen den Atem anhalten, während man gespannt auf den nächsten erschreckenden Moment wartet.
Beginnt man ein neues Horror-Projekt, sollte man die Szenen nochmals durchgehen und festhalten, welche Geräusche oder speziellen Soundeffekte benötigt werden. Dabei muss man auch über den Bildrand hinaus denken und überlegen, was vielleicht nicht zu sehen, aber dennoch zu hören ist. Hierbei spielt auch die räumliche Platzierung eine Rolle. Für die sichtbaren Geräuschquellen sollte die räumliche Platzierung an das Visuelle angepasst sein. Also wenn rechts jemand durch das Bild läuft, sollten diese Schritte eher rechts ertönen. Das unsichtbare Knacken aber könnte von links stammen, die krächzenden Raben oder unscheinbaren Schritte von rechts. Durch die verschiedene Platzierung von Geräuschen, besonders von jenen, deren Ursprung “off-screen” ist, können Irritation und Spannung aufgebaut und die Zuschauenden noch mehr in die Geschichte einbezogen werden.
In diesem Beispiel ist vor allem auf die Geräusche im Sounddesign Wert gelegt worden. Hier soll durch Atmosphäre, Geräusche und wenige musikalische Elemente eine eher mystische Stimmung erzeugt werden. Die meisten Geräusche wurden durch Foley-Arbeit, wie unten beschrieben, selbst erzeugt und neben einigen Soundbibliothek-Geräuschen verwendet. Wenn man einmal ohne Filmmusik oder musikalische Elemente arbeitet, fällt einem auf, wie viel Geräusche und Atmosphäre ausmachen können.
Geräusche-Bibliothek aufbauen
Wenn man weiss, welche Geräusche man braucht, kann man loslegen mit dem Aufbau einer Geräusche-Bibliothek. Dazu überlegt man sich, welche Geräusche von vorhandenen Sound-Bibliotheken bezogen werden können und bei welchen es sich lohnt, sie selbst zu erzeugen. Meist sind dies Geräusche wie Schritte, Atem, oder spezielle Bewegungen. Wenn der Ton vom Filmset nicht gut genug ist, dann müssen diese sowieso nachvertont werden. Ausgerüstet mit einem guten Stereo-Mikrofon kann man sich dann daran machen, die Geräusche möglichst passend und realitätsnah nachzuahmen, was oft mehrere Anläufe benötigt.
Für den Horrorfilm braucht es oftmals Geräusche und spezielle Soundeffekte, die nicht so einfach nachzumachen sind. Beispielsweise, wenn jemand abgestochen wird oder die Augen aus den Höhlen fallen. Dafür gibt es Tricks, die Geräuschemacher, sog. “Foley Artists”, verwenden. Hier findest du ein paar Beispiele, wie brutale und schleimige Sounds mit einfachen Mitteln erzeugt werden können:
Original Sellerie Knacksen und Tomate
Abreissender Finger
Original Schnurren der Katze
Monster Katze
Hier nochmals einige Beispiele für Geräusche und Soundeffekte, die man einfach nachahmen kann:
Durch die obigen Beispiele sieht man also, dass es im Sounddesign viele verschiedene Geräusche und Soundeffekte benötigt, um die filmische Realität zu erzeugen und den Zuschauenden die Immersion in den Film zu erleichtern. Mit verschiedensten Alltagsgegenständen und spezifischen Techniken können jegliche gewünschte Sounds kreiert und Handlungen im Film zum Leben erweckt werden. Ein wichtiger Aspekt bei der Erzeugung von realistischen Geräuschen ist die Bearbeitung der Klänge durch Audioeffekte, um ungewollte Frequenzen oder Störgeräusche zu entfernen und die Geräusche möglichst wirksam zu gestalten. Mehr dazu im nachfolgenden Abschnitt.
3. Audioeffekte - Klangmanipulation
Im Sounddesign von Horrorfilmen spielen Audioeffekte eine entscheidende Rolle, um eine Atmosphäre der Spannung, Angst und Unbehaglichkeit zu erzeugen. Ein Audioeffekt ist im Sounddesign ein Signalprozessor, mit dem ein bereits vorhandenes Audiosignal auf verschiedene Weisen bearbeitet und erweitert werden kann. Durch gezielte Verwendung von Audioeffekten werden die Emotionen des Publikums manipuliert und die Wirkung der visuellen Darstellung verstärkt. Durch Raumklang und Klangmanipulation können die Immersion in den Film verstärkt und Geräusche sowie Soundeffekte realistischer rübergebracht werden. Hier sind einige der am häufigsten verwendeten Audioeffekte aus dem Horror-Sounddesign erklärt:
Reverb (Hall)
Der Effekt Reverb, dt. Hall, kann einem Klang die Illusion verleihen, in einem bestimmten Raum widerzuhallen, indem er die Schallwellen reflektiert und verstreut. Dadurch entsteht ein räumlicher und atmosphärischer Effekt, der dem Klang Tiefe und Präsenz verleiht und zugleich Geräusche oder Stimmungen bedrohlicher wirken lassen kann.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Distortion (Verzerrung)
Der Effekt Distortion kann einen Klang verzerren und übersteuern, wodurch harmonische Obertöne hinzugefügt werden und der Klang aggressiver und verzerrter wird. Dadurch entsteht oft ein charakteristischer und verzerrter, harter Klang, der besonders für Monster oder Antagonisten im Horrorfilm verwendet wird.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Equalizer
Der Equalizer ermöglicht die Anpassung der Lautstärke von verschiedenen Frequenzbereichen in einem Audio-Signal. Dadurch kann der Klang gezielt bearbeitet werden, um bestimmte Frequenzen zu verstärken oder abzuschwächen, was die Klangbalance und das Gesamtklangbild verbessert, oder einen bestimmten Effekt erzeugen kann.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Pitch (Tonhöhe)
Der Pitch-Effekt kann die Tonhöhe eines Audio-Signals anheben oder absenken, wodurch der Klang höher oder tiefer wird, ohne das Tempo zu ändern. Dadurch lassen sich musikalische Effekte erzeugen oder Stimmen verändern. Im Horrorfilm wird dieser oft verwendet, um Stimmen zu verfremden oder Geräusche unheimlicher klingen zu lassen.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Delay (Verzögerung)
Der Delay-Effekt erzeugt eine verzögerte Kopie eines Audio-Signals, die nach einem bestimmten Zeitintervall wiedergegeben wird. Dadurch entsteht ein räumlicher und sich wiederholender Effekt, der dem Klang Tiefe verleiht und den Eindruck von Echo oder Wiederholung erzeugt. Auch dieser Effekt wird im Horrorfilm gerne für Antagonisten verwendet.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Reverse (Rückwärts)
Der Reverse-Effekt kehrt ein Audio-Signal um, sodass es rückwärts abgespielt wird. Dadurch entstehen ungewöhnliche und interessante Klangeffekte, die häufig im Horrorfilm-Sounddesign verwendet werden, um Kreativität und Spannung zu erzeugen. Besonders für das Kreieren von unheimlichen Geräuschen kann dieser Effekt wirksam sein.
Ohne Effekt
Mit Effekt
Der Audioeffekt des Halls ist der wohl am häufigsten genutzte Effekt im Horror-Sounddesign. Auch schon in den älteren Filmen wurde viel Wert auf die Wirkung dieser Tonbearbeitung gelegt, da damit Stimmen oder Geräusche viel räumlicher und unscheinbarer erklingen, was wiederum zu einer unheimlichen Atmosphäre und Stimmung beitragen kann. Typischerweise wird Hall auf Schritte, Klopfen, Stimmen oder Schreie angewendet. Diese Klänge erhalten damit ein neues Element, das die neue filmische Realität unterstützt und die Zuschauenden in die neue, bedrohliche Welt hineinzieht.
Die Dynamik im Horrorfilm-Sounddesign spielt eine entscheidende Rolle, um die emotionale Wirkung auf das Publikum zu verstärken. Durch den geschickten Einsatz von Lautstärkeunterschieden, von flüsternd leise bis ohrenbetäubend laut, wird eine nervenaufreibende Atmosphäre geschaffen, die die Zuschauenden in eine ständige Anspannung versetzt. Plötzliche und drastische Lautstärkeschwankungen, auch bekannt als “Jump-Scares”, können unerwartet aus dem Nichts auftauchen und den Schockmoment verstärken. Darüber hinaus werden die ruhigen Momente im Horror-Sounddesign betont, um eine bedrohliche Stille zu erzeugen, die die Angst und das Unbehagen des Publikums verstärkt und es auf das Erscheinen von Schrecken vorbereitet. Die geschickte Manipulation der Dynamik ermöglicht es den Sounddesignern, die Gefühle der Zuschauenden zu steuern und ein intensives, fesselndes und beängstigendes Klangerlebnis zu schaffen, das die Horroreffekte des Films verstärkt.
Stille
Das Element der Stille im Horrorfilm-Sounddesign ist ebenso wichtig wie die lauten und bedrohlichen Klänge. Die gezielte Verwendung von Stille kann eine unheimliche und gespenstische Atmosphäre erzeugen, die die Spannung erhöht und die Sinne des Publikums schärft. Indem bestimmte Geräusche und Musik zurückgehalten werden, entsteht ein Gefühl der Unsicherheit und Erwartung, da die Zuschauenden auf das Erscheinen von Schrecken warten. Die Stille kann auch dazu dienen, unheimliche Szenen zu verstärken, da sie das Gefühl von Isolation und Verletzlichkeit hervorruft, wenn es plötzlich keine akustische Orientierung mehr gibt. Dadurch wird der Horror effektiver, da die Zuschauenden in einem Zustand permanenter Anspannung verbleiben und auf das Unerwartete gefasst sein müssen. Sie erfahren ein beklemmendes Gefühl, das durch die Absenz von eigentlich erwarteten Geräuschen entsteht. In der heutigen Welt gibt es selten momente, in denen es fast vollkommen Still ist, was die Wirkung dieses Elements in Horrorfilmen noch mehr verstärkt. Seit langer Zeit wird die Stille auch mit der sog. Totenstille verbunden: nur was tot ist, ist still, was passend für einen Horrorfilm erscheint.
Jump Scares
Jump Scares sind eine beliebte Technik im Horrorfilm-Sounddesign, bei der plötzliche und laute Geräusche oder Musik verwendet werden, um das Publikum zu erschrecken. Diese Technik ist äusserst wirksam, da sie eine unmittelbare physische Reaktion auslöst und das Nervensystem der Zuschauenden stimuliert. Wenn ein Jump Scare richtig ausgeführt wird, werden die Zuschauenden aus ihrer Komfortzone gerissen und in einen Zustand erhöhter Angst und Anspannung versetzt. Dies geschieht, indem die Erwartungshaltung des Publikums manipuliert wird. Oftmals wird eine ruhige und unheimliche Atmosphäre aufgebaut, um Sicherheit zu erzeugen und die Aufmerksamkeit zu erlangen. Dann erfolgt der plötzliche Bruch dieser Stille durch den lauten und überraschenden Jump Scare, der die Zuschauenden aus der Ruhe bringt und ihre Herzfrequenz steigen lässt.
Hier ein Beispiel einer Tonspur mit eingebautem Jump Scare:
Dadurch wird eine intensivere emotionale Reaktion erzeugt und das Gefühl von Angst und Unbehagen verstärkt. Die Wirksamkeit von Jump Scares liegt darin, dass sie die grundlegenden Überlebensinstinkte der Menschen ansprechen und ihre Sinne schärfen. Dadurch werden sie tiefer in die Handlung des Films eingebunden und erleben eine starke emotionale Reaktion, die das Horrorerlebnis intensiviert und den Film memorabler macht. Allerdings ist es wichtig, Jump Scares mit Bedacht einzusetzen, um ihre Wirkung nicht abzuschwächen, sondern gezielt für die Schockmomente im Film einzusetzen und eine ausgewogene Balance zwischen Spannungsaufbau und unmittelbarem Schrecken zu schaffen.
In diesem Beispiel wurde als Jump Scare Klang der musikalische Stinger durch Streichinstrumente verwendet. Musikalische Stinger sind kurze und markante musikalische Akzente oder Klangeffekte, die in der Filmmusik und im Sounddesign verwendet werden, um bestimmte Momente oder Ereignisse zu betonen. Oft handelt es sich um kurze, prägnante Melodien oder akustische Impulse, die plötzlich und unerwartet auftauchen, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu fesseln oder eine emotionale Reaktion hervorzurufen. Im Horrorfilm werden musikalische Stinger häufig verwendet, um Jump Scares zu unterstützen. Wenn eine gruselige oder unheimliche Szene einen Höhepunkt erreicht und das Publikum am ängstlichsten ist, wird ein musikalischer Stinger eingesetzt, um den Moment des Schreckens zu verstärken. Der Stinger kann in diesen Fällen oft eine rasch ansteigende, schrille Note oder einen plötzlichen, lauten Akkord enthalten, um die Zuschauenden zu erschrecken und eine sofortige Reaktion auszulösen. Hier ein paar weitere Beispiele von musikalischen Stingern:
5. Filmmusik - Musikalische Untermahlung
Filmmusik ist ein entscheidender Bestandteil der Filmkunst und kann in allen Genres eine tiefgreifende Wirkung auf die Zuschauenden haben. In Horrorfilmen spielt die Musik eine besonders fesselnde Rolle, da sie dazu dient, eine bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, die Spannung zu steigern und die Emotionen des Publikums auf eine nervenaufreibende Reise mitzunehmen. Von unheimlichen, dissonanten Klängen, die in die tiefsten Ängste eindringen, bis hin zu markanten musikalischen Stinger, die Jump Scares unterstützen, ist die Filmmusik ein mächtiges Werkzeug, das den Horrorfilm zu einem unvergesslichen und packenden Erlebnis macht.
Funktion von Filmmusik

Spannungsaufbau
Die Musik hilft dabei, Spannung und Nervenkitzel aufzubauen, indem sie unheimliche und unvorhersehbare Klänge verwendet. Die Zuschauenden werden auf diese Weise in eine angespannte Stimmung versetzt und erwarten den nächsten Schreckmoment.

Angst und Unbehagen erzeugen
Die Kombination von disharmonischen und dissonanten Klängen erzeugt ein Gefühl von Unbehagen und Angst, das die visuellen Elemente des Films unterstützt und verstärkt. Die düstere und unheimliche Filmmusik schafft eine gruselige Atmosphäre und trägt zur Schaffung der gewünschten Stimmung bei.

Identifikation von Bedrohungen
Die Verwendung charakterspezifischer Themen oder musikalischer Motive kann dabei helfen, bestimmte Figuren oder Bedrohungen im Film zu identifizieren. Zum Beispiel bekommt ein furchterregendes Monster oft sein eigenes markantes Musikthema.
Teil der Noten zum Musikstück
Auf was es bei der Filmmusik für Horrorfilme ankommt, erfährst du in den unteren Kapiteln!
Instrumentation
Die Wahl der richtigen Instrumente
Die Instrumentation in der Filmmusik von Horrorfilmen spielt eine entscheidende Rolle dabei, die beängstigende und unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, die für dieses Genre charakteristisch ist. Horrorfilme nutzen Musik, um die Spannung zu steigern, Jump Scares zu verstärken und die Zuschauenden emotional in das Geschehen einzubinden. Die richtige Auswahl und Kombination von Instrumenten sind entscheidend, um eine angsteinflössende Stimmung zu erzeugen. Nachfolgend sind einige horror-typische Instrumentationen aufgelistet, die auch du für deine Horror-Filmmusik verwenden kannst:
Die Filmkomponisten spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Filmmusik für Horrorfilme. Sie müssen ein tiefes Verständnis für die emotionale Wirkung von Klängen und Melodien haben, um die Zuschauenden in Angst und Schrecken zu versetzen. Wenn die Instrumentation geschickt eingesetzt wird, kann sie dazu beitragen, dass der Horrorfilm seine beabsichtigte Wirkung erzielt und dem Publikum noch lange in Erinnerung bleibt. Bei der Komposition von Filmmusik für Horrorfilme gibt es bestimmte Techniken, die dabei verwendet werden, um eine möglichst effektive Wirkung zu erreichen:
Leitmotiv-Technik
Die Leitmotiv-Technik ist ein musikalisches Konzept, das in der Horrorfilmmusik häufig verwendet wird, um Charaktere, Orte, Emotionen oder bestimmte Elemente der Handlung zu repräsentieren. Ein Leitmotiv ist ein wiederkehrendes musikalisches Motiv oder Thema, das mit einer bestimmten Person, einem Ort oder einem Konzept assoziiert wird. Diese Technik wurde erstmals von Richard Wagner im 19. Jahrhundert in der Oper eingeführt und hat seither in vielen Filmgenres, einschliesslich Horror, an Bedeutung gewonnen. Die Verwendung der Leitmotiv-Technik in der Horrorfilmmusik hat mehrere Funktionen und Effekte.
Durch die Verknüpfung eines bestimmten Leitmotivs mit einer Figur oder einem übernatürlichen Wesen können die Zuschauenden deren Präsenz oder Erscheinen intuitiv erkennen, ohne dass es einer visuellen Bestätigung bedarf. Dies verstärkt die emotionale Bindung an die Handlung und die Charaktere. Ein wiederkehrendes Leitmotiv kann dazu beitragen, die Spannung zu steigern, da es die Zuschauenden darauf vorbereitet, dass etwas Bedrohliches oder Unheimliches passieren könnte. Wenn das Leitmotiv in beängstigenden Szenen erscheint, verstärkt es die Wirkung und lässt die Angst intensiver wirken.
Intervalle und Dissonanzen
Die Verwendung von bestimmten Intervallen und Dissonanzen in der Horrorfilmmusik spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle dabei, eine unheimliche und beängstigende Atmosphäre zu schaffen. Intervalle sind die Abstände zwischen den Tönen in einer Melodie oder Harmonie, während Dissonanzen die Kombination von Klängen beschreiben, die als unruhig, unstimmig oder unangenehm empfunden werden. Die bewusste Einbindung dieser musikalischen Elemente in die Filmmusik verstärkt die Wirkung des Horrorfilms auf das Publikum.
Unheilvolle Intervalle
Bestimmte Intervalle haben von Natur aus eine düstere und unheimliche Klangqualität. Beispielsweise können “kleine Sekunden” und “kleine Terzen” eine bedrückende und unheilvolle Stimmung erzeugen. Solche Intervalle werden häufig in der Filmmusik von Horrorfilmen verwendet, um eine düstere Atmosphäre zu schaffen, die das Publikum unmittelbar in die Spannung des Films eintauchen lässt. Eine “kleine Sekunde” kommt besonders häufig in der Musik von Horrorfilmen vor, da dieses Intervall nur einen einzigen Halbtonschritt trennt, der besonders das “Klirren” erzeugt, welches unangenehm klingt.
Dissonanzen & Cluster
Dissonante Klänge entstehen, wenn zwei oder mehr Töne miteinander kombiniert werden, die ein hohes Mass an Spannung oder Unruhe erzeugen. In der Horrorfilmmusik werden häufig dissonante Akkorde und Klangcluster verwendet, um die Unbehaglichkeit und Unsicherheit zu betonen. Diese dissonanten Klänge können eine schreckliche und bedrohliche Atmosphäre erzeugen, die das Publikum in Alarmbereitschaft versetzt. Besonders deshalb, weil das menschliche Gehör durch seine Erfahrung darauf geschult ist, nach einer Dissonanz eine Konsonanz, also einen wohlklingeden Klang, zu erwarten, was beim Horrorfilm aber oft nicht der Fall ist. Deshalb bleibt die Spannung bestehen, die durch die Dissonanzen erzeugt wird. In diesem Beispiel wird dies gezeigt anhand verminderter Septakkorde auf den Tönen h, d, eis und gis.
Glissandi
Glissandi, bei denen ein Ton in einem gleitenden Bogen von einem zum anderen bewegt wird, und aufsteigende Intervalle können eine bedrohliche und unheimliche Wirkung haben. Sie werden oft in der Horrorfilmmusik verwendet, um das Gefühl von Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit zu verstärken, besonders in Momenten, die eine unmittelbare Gefahr oder eine erschreckende Enthüllung andeuten. In diesem Zusammenhang wird auch die sog. “Shepard-Tonleiter” verwendet, die eine akustische Oktavillusion beschreibt, bei der der Anschein einer endlos auf- oder absteigenden Tonleiter entsteht.
Tremolo
Tremolo ist eine schnelle Wiederholung eines Tons oder einer Phrase. In der Horrorfilmmusik wird das Tremolo oft verwendet, um ebenfalls einen sich nähernden oder bedrohlichen Charakter zu begleiten, was die Anspannung und die Erwartung erhöht und den Zuschauenden das Gefühl gibt, dass etwas Bedrohliches passieren wird.
Molltonarten
Die Verwendung von Molltonarten in der Musik von Horrorfilmen spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer düsteren und unheimlichen Atmosphäre. Molltonarten sind in der westlichen Musiktradition oft mit Trauer, Melancholie und Spannung assoziiert. Diese Emotionen werden geschickt genutzt, um die Zuschauenden von Horrorfilmen zu verängstigen und ihre Sinne zu schärfen.
Hier sind einige wichtige Aspekte der Verwendung von Molltonarten in der Musik von Horrorfilmen:
Unbehagen und Bedrohung
Molltonarten erzeugen ein Gefühl von Unbehagen und Bedrohung, das ideal ist, um die Spannung und Angst in Horrorfilmen zu steigern. Die düsteren und mysteriösen Klänge dringen tief in das Unterbewusstsein der Zuschauenden ein und lassen sie eine unheilvolle Atmosphäre spüren.
Akkordprogressionen
Die Art und Weise, wie Akkordprogressionen in Molltonarten verwendet werden, verstärkt die beunruhigende Wirkung. Oft werden dissonante Akkorde und unvorhersehbare Wendungen eingesetzt, um eine instabile Stimmung zu erzeugen, die die Zuschauenden in angespannter Erwartung hält.
Die Verwendung von Molltonarten in der Musik von Horrorfilmen hat sich im Laufe der Zeit zu einem kulturellen und künstlerischen Werkzeug entwickelt, um die Emotionen der Zuschauenden zu manipulieren und das Filmerlebnis noch intensiver zu gestalten.
Ein bekanntes Beispiel für die Verwendung einer Molltonart in der Filmmusik eines Horrorfilms ist der Soundtrack des Films “Halloween” aus dem Jahr 1978, komponiert von John Carpenter. “Halloween” gilt als ein wegweisender Horrorfilm und hat das Slasher-Genre massgeblich beeinflusst. Die Filmmusik von “Halloween” ist berühmt für ihr minimalistisches und dennoch fesselndes Thema. Carpenter komponierte es selbst und verwendete dafür die Molltonart. Das Thema besteht aus nur wenigen Noten, aber es erzeugt eine äusserst unheimliche und beunruhigende Stimmung, die perfekt zur Atmosphäre des Films passt. Das repetitive Klaviermotiv in Moll, begleitet von einem einfachen Synthesizer-Bass, ist sehr eingängig und wird im gesamten Film als Leitmotiv für den bedrohlichen Charakter Michael Myers verwendet. Die repetitiven und dissonanten Töne verstärken die Anspannung und die Furcht vor dem unaufhaltsamen Bösen.
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